Home

wombatinaboxIm Europacup war es eine gute Woche. Auswärts-Unentschieden gegen Zenit St. Petersburg einer freundlicherweise wieder gut agierenden Austria, ein furioses 2:2 nach 0:2 von Rapid gegen die ukrainische Millionentruppe Dynamo Kiew, ein beinahe widerlich gemütliches 2:1 in Dänemark gegen Esbjerg FB von Red Bull Salzburg. Nach dem Sabbatjahr mit einem schwachen SCR in der Gruppenphase scheint es, als ob Österreich vor allem taktisch an Europa heranrückt. Eine Analyse als These-Antithese-Synthese.

In der Fünfjahreswertung liegen Russland und die Ukraine vor Österreich, Dänemark dahinter, allerdings mit zuletzt regelmäßiger Champions League-Beteiligung. So viel zu den Fakten. Der Ansatz für diese Analyse entsprang einer Twitterkonversation mit Ballverliebt-Redakteur Philipp Eitzinger ( @PEitzinger ) und Stefan H. ( @stefherl ), seines Zeichens Austriafan. Während Herr Eitzinger beim ehemaligen Vorwärts Steyr-Spieler Oleg Blochin, Dynamo-Coach, beobachten will, dass er taktisch ein Nackerbatzerl wäre, wendet Herr H. ein, es handle sich um ein Krankl-Syndrom. Guter Spieler, lebt als Trainer vom Namen. H. twitterte: „@sander_georg @PEitzinger […]. auf jeden fall sind nach der woche taktische minderwertigkeitskomplexe nicht angebracht“ und ich so: „@stefherl @PEitzinger you say it. hab vorhin geschrieben: europacuptechnisches sabbatjahr war sinnvoll ;)“. Die These: Im Sabbatjahr ohne FAK- und RBS-Europacupteilnahme und verschötteltem Höhepunkt in Form eines Rapid-Sieges am letzten Spieltag der Europa League-Gruppenphase nach fünf Niederlagen lernte Österreich dazu und rückte näher an Europa dran. Langsam, aber sicher.

Die These: Österreich rückt ran

Die Indizien: Die Austria-Defensive stellte sich so gut an, dass im Champions League-Team der Runde Manuel Ortlechner in der Innenverteidigung hinter Robben-Özil-Schürrle aufscheint. Grosso modo montierten die Veilchen die Urgewalt Hulk und den Rest ab. Egal ob die Rote gegen Zenit gerechtfertigt war oder nicht, ja, auch wenn bemängelt werden kann, dass es „nur“ 0:0 ausging – das war eine kluge Defensivleistung. National geht derzeit weniger. Aber Hand aufs Herz: Wer würde gegen die Admira oder Kalsdorf nicht ein bisschen den Schlendrian einreißen lassen, wenn es gegen Porto, Zenit und Atletico um Prestige geht (und Kohle, viel davon. Wer Österreich noch verlässt, hat ausgesorgt.)

Dazu dann das fulminante Rapid-Comeback, das dem Durchziehen der eigenen taktischen Vorgaben in Durchgang zwei entsprang und Dynamo übertölpelte. Die konnten das Gegenpressing nicht unterbinden. Auch bei einem 1:2 wäre das eine tolle zweite Halbzeit gewesen. Und schließlich Red Bull. Das war grausig anzusehen, weil Esbjerg taktisch auf lange Bälle setzte und physisch zulangte. Aber ist es nicht schön, dass auch Akteure, die in Österreich kicken, souveräne Auswärtssiege einfahren können?

Die Antithese: Der Sander pickt sich Rosinen raus

Zwei große Gegenargumente: Erstens üben die Bullen diesen Kick mit viel finanziellem Einsatz seit einem Jahr und sind beispielsweise seit 29 Spielen in der Liga unbesiegt. Die Austria ist eine Meisterelf, kennt sich auch, hat durch Nenad Bjelica neue Reize bekommen. Und wer gegen St. Petersburg nicht 110 Prozent gibt, dem gehört sofort der Vertrag aufgelöst. Darum taumeln sie am einen Tag nach einem 2:0 in ein 2:4 und brennen dann nach mauen 45 Minuten ein Offensivfeuerwerk ab. Zwar ist das alles kein Zufall, aber eben nicht auf taktische Reife, sondern eher auf einen Mix aus Eingespieltheit, Tagesverfassung, Gegner und Glück zurückzuführen.

Was wäre denn gewesen, wenn Zenit doch noch der Siegtreffer, Rapid nicht mehr der Ausgleich und Esbjerg ein lucky punch gelungen wären? Nix da. Diese positive Europacupwoche ist ein Auflodern, mehr nicht. Salzburg kommt weiter? Geschenkt, in der Gruppe. Müssen sie ja, dank des Geldes. Den einen Königsklassenpunkt hätte Rapid 2005 auch noch ergattern können, es fehlte halt ein bisschen das Glück – siehe Valachovic-Elfer! Mit ebenjenem Glück hätte Blochin auch noch den Dreier geholt. Ich meine, 94. Minute…

Die Synthese: Eh, aber!

Die in der Antithese formulierten Gedanken haben ihre absolute Berechtigung, denn ein paar gute Spiele können immer passieren, genau so wie weniger gute zuvor. Dennoch müssen die Gedanken weiter gesponnen werden. Salzburg beispielsweise ist eine Offensivmaschine, der hin und wieder die Schneid abgekauft werden kann. Durch die besseren Individualisten (Fenerbahce), konzentrierte Außenseiter (Pasching) oder motivierte Konkurrenten (Rapid). Selbiges kann über Rapid und Austria gewissermaßen gleich geschrieben werden. Klar, die Ausreißer nach unten passieren im ohnehin ungeliebten Stiefkind Cup – lässt man dieses auch von der UEFA seit mehr als zehn Jahren nicht mehr ernst genommene Anachronistchen weg, so passt das. Die Ausrutscher passieren auch in der Quali. Ja, auch wir sind Düdelingen. In Europa werden die Aussetzer aber dennoch seltener und werden noch in geringerem Maße ausfallen.

Die geographische Nähe zum gegenwärtigen Branchenprimus Deutschland ist evident. Lose herbeifabuliert versuchen sich die drei Topteams an Peps Dominanzbayern (Salzburg), Klopps Umschaltkickern (Rapid) oder Slomkas Blitzangriffsburschen (Austria). Zu der Orientierung an state-of-the-art-Kick kommen noch die lästigen Ligaaußenseiter, derzeit Grödig und Ried, die mit ebenfalls adäquat taktischen Mitteln die Arrivierten ärgern. Das passt. Die halbe Bundesliga kocht nach Rezepten, die die deutschen Chefköche präsentieren. Das färbt ab. Das ist besser, als Stars zusammen zu klauben wie Zenit – wie früher Red Bull. Das ist besser, als in altbackenen Taktiksystemen auf individuelle Klasse zu setzen wie Dynamo – wie früher Rapid. Oder auf Zufallskick zu setzen wie Esbjerg – wie die Austria unter Vastic. Da ist derzeit Substanz drinnen, die auch nicht weggeht, wenn der nächste Spieltag von den Ergebnissen her unerfreulich wird, weil in dem Sabbatjahr AUCH Plattitüden wie Teamgeist entstanden, sondern die Mannschaften mit ihren Trainern klare taktische Marschrichtungen haben.

Keine rosarote Brille 

Diese Beobachtungen der Synthese sind keine Worthülsen, sondern zeigen, dass der heimische Kick mittlerweile Substanz hat.. Gerade das Rapid-Spiel zeigt diesen neuen österreichischen Weg: Mit dem Strich in der Hose ins Spiel, aufs 0:1 noch eine unglückliche Aktion oben drauf – und dann aber zurückkommen. Nicht mit einer drei-Stürmer- Bälle-hoch-hinein-Brechstange, sondern mit Gegenpressing und Umschaltspiel, einem Plan. Natürlich muss die Konzentration hoch gehalten werden, hundert Prozent müssen da sein, oder mehr als das gegeben werden. Hier soll nichts hochgejubelt werden, was nicht stimmt. Aber gut tut es, oder?

Anmerkung: So ein Wombat ist natürlich ein ungemein niedliches Tierchen. Vor allem als Wombatbaby. Allerdings ergibt das Bild schon einen Sinn. Laut einer sehr kurzen Google-Recherche sind Wombats Einzelgänger, was wiederum zur Überschrift passt. Und wenn’s falsch ist: Verdammt, ist das niedlich!

Hinterlasse einen Kommentar